Man hofft, es ist Satire. Man zieht Vergleiche zu Serien wie „Black Mirror“ oder Filmen wie „Her“. Man kann es kaum glauben, und doch geht der Hype um KI-Produkte bzw. die Unentschlossenheit, was man eigentlich mit der neuen Technik anfangen soll, die komischsten Wege. Das aktuellste Beispiel ist das KI-Wearable namens friend. Dabei handelt es sich um eine Art Kette, die jederzeit zuhört und über Bluetooth kontextbezogene Nachrichten auf das Smartphone schickt. Schon allein der Werbespot zeigt, wie unpraktisch das Ganze ist. Auf der Webseite kann man friend trotzdem vorbestellen.
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KI-Wearable „friend“ als auffällige Kette ab 2025 nutzbar
Die friend-Kette soll entwickelt worden sein, um Menschen in schwierigen Situationen beizustehen oder ihnen in einer einsamen Zeit zumindest digital eine Art Gesprächspartner zu geben. Dazu hört die Kette jederzeit zu und speichert sowie verarbeitet das Gehörte lokal. Eine Verbindung zu Servern über das Internet wird nicht benötigt. Zum Smartphone besteht allerdings eine Bluetooth-Verbindung, sodass Reaktionen und Antworten als Push-Nachricht eingehen können. Man braucht also auf jeden Fall ein Smartphone, sodass friend letztendlich auch eine App hätte sein können.
Der Erfinder, Avi Schiffmann, beschreibt friend als Ausdruck des Einsamkeitsgefühls, das er mal verspürt hat (hier). Auf der gleichen Webseite gibt es zudem die friend-Produktseite mit einem FAQ sowie die Möglichkeit zum Vorbestellen. Das Päckchen mit dem friend-Gerät, zwei grauen Bändern, einem weißen Gehäuse, einem USB-C-Ladekabel und einem Quick Start Guide kostet 93,99 Euro oder 99 US-Dollar. Der Versand soll im ersten Quartal 2025 erfolgen. Trotz des Euro-Preises auf der Bestellseite wird aber angegeben, dass friend vorerst nur in den USA und in Kanada verfügbar sein wird.
Der Mehrwert der KI-Begleitung ist nicht wirklich erkennbar
Die friend-Kette ist nicht dazu da, online nach Anleitungen oder Antworten auf Fragen zu suchen. Sie kann keine Routen berechnen, Hotels oder Restaurants finden, Tickets buchen oder Automationen auf dem Smartphone ausführen. Sie kommt nicht mit den Versprechen daher, die zuvor schon der Ai Pin und Rabbit AI gebrochen haben. Das Gerät soll einfach nur als Gesprächspartner dienen, hin und wieder eine Bemerkung machen, Fragen (ohne Web-Suche) beantworten und z. B. beim Brainstorming helfen. Oder vielleicht sogar gegen Einsamkeit.
Ich konnte auf der friend-Webseite keine Informationen dazu finden, welches LLM für das Gerät genutzt wird. Ist es ein Open-Source-Modell, das individuell angepasst wurde? Ist es ein komplett eigenständiges Modell? Die Nützlichkeit des Geräts lässt sich also vorab so gut wie gar nicht einschätzen. Sicherlich kann es in schwierigen, einsamen Situationen für Menschen sinnvoll sein, sofort ein paar aufbauende Worte zu erhalten. Aber wenn dafür ein 100-Dollar-Gerät vorbestellt wird, dann weiß man doch eigentlich schon, dass man Hilfe benötigt und diese ggf. eher bei Fachleuten und nicht beim neuesten Startup-Elektroschrott suchen sollte.
Es bleibt die Hoffnung auf eine Satire
Ich habe den Bestellvorgang auf der Webseite nicht abgeschlossen, hoffe aber, dass er in einer Nachricht wie „Das war nur ein Spaß. Dieses Produkt gibt es nicht. Dir werden keine 100 Dollar in Rechnung gestellt.“ endet. Ansonsten sind das Produkt, der Werbespot und alles drumherum wirklich ein Ausdruck der Tatsache, dass niemand so richtig weiß, was man mit KI eigentlich anfangen soll – außer echte „Black Mirror“-Erlebnisse zu erschaffen. Bleibt abzuwarten, ob die KI-Blase 25 Jahre nach der Dotcom-Blase ebenfalls platzt.
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Johannes hat nach dem Abitur eine Ausbildung zum Wirtschaftsassistenten in der Fachrichtung Fremdsprachen absolviert. Danach hat er sich aber für das Recherchieren und Schreiben entschieden, woraus seine Selbstständigkeit hervorging. Seit mehreren Jahren arbeitet er nun u. a. für Sir Apfelot. Seine Artikel beinhalten Produktvorstellungen, News, Anleitungen, Videospiele, Konsolen und einiges mehr. Apple Keynotes verfolgt er live per Stream.