In vielen Medien kann man derzeit lesen, dass das Update auf iOS 11.2.2 das iPhone langsamer gemacht haben soll. Der Grund dafür wird bei einer Änderung der Software gesucht, die das Sicherheitsleck ausbügeln soll, das als Spectre bezeichnet wird. Ich bin bei solchen Negativ-Meldungen immer sehr vorsichtig, da sie sich meist wie ein Virus im Netz verbreiten. Solche Nachrichten nimmt jeder gerne in sein Blog oder seine Newsseite auf, denn schlechte Nachrichten über iPhones und Apple werden immer gerne geklickt. Und mehr Klicks = mehr Geld.
Nicht selten schreibt dann einer vom andern ab, ohne dass man noch Quellen nennt – die interessieren ja sowieso keinen. Hauptsache man kann berichten, was wieder neues beim iPhone schief gelaufen ist. ;-)
Kapitel in diesem Beitrag:
Berichterstattung in den Medien
Im aktuellen Fall: Forbes berichtet von einem (in Zahlen „1“!) Blogger, der mit seinem iPhone 6 eine (!) Messung vorher und nachher gemacht hat. Die Meldung hat aus meiner Sicht kaum Inhalt, da weder beschrieben wird, ob das iPhone vielleicht auch unter der Prozessorbremse leidet, noch wird darauf eingegangen, wie hoch der Akkustand war, ob es am Ladegerät hing, etc. Es gibt also tausend Sachen, die diese Messungen beeinflusst haben können. Die Aussage des Bloggers Melv1n in seinem Artikel:
The performance benchmarks were performed on an iPhone 6 and are done pretty straight forward. The benchmarks were performed before/after updating iOS in the exact same scenario: no apps running (including background). So the running benchmark basically had the full CPU capacity and all other iPhone resources to its disposal. The original scorecards of the benchmark are at the bottom. The percentages are rounded accordingly.
Some extra info: iOS is in Dutch, no jailbreak, had no battery changes, no refurbished model, no exotic configuration (if that is even possible).
Leider gibt es keine Info, wie alt der Akku ist, ob die Tests am Ladekabel durchgeführt wurden etc. Aber immerhin bietet der Original-Artikel einige Informationen, die Forbes nicht aufgegriffen hat, die aber für die Einschätzung der Sache wichtig gewesen wären.
Und obwohl diese Meldung von Forbes quasi keinen handfesten Inhalt hat, greift die halbwegs renommierte Webseite giga.de diese auf schreibt einen eigenen Artikel dazu, in dem wieder nur dieser eine Fall genannt wird. Immerhin wird die Überschrift mit einem Fragezeichen beendet und man stellt die Messungen des Bloggers in Frage:
Da Apples Spectre-Fix eigentlich nur Safari und nicht auch das Betriebssystem als solches modifizieren sollte, stellt sich die Frage, wie das möglich ist. Andere Benutzer können keine entsprechenden Einbußen messen.
Es gibt jedoch zahlreiche andere Zeitungen, die hier weniger kritisch berichten und einfach nur auf den Techblogger verweisen, der sich vermutlich über die medienwirksame Verlangsamung seines iPhone 6 freut bzw. nicht gefreut hat, denn sein Server ist aufgrund dessen unter der Last der vielen Besucher zusammen gebrochen.
Aber dies nur als Anmerkung, warum ich solchen Meldungen immer sehr skeptisch gegenüber stehe. Im aktuellen Fall habe ich mal die Gelegenheit genutzt und selbst mit der App Geekbench nachgemessen.
Meine Messungen mit dem iPhone 7 Plus
Da ich mein iPhone X schon auf iOS 11.2.2 aktualisiert habe, konnte ich hier leider keine Vorher-Nachher-Messungen mehr machen, aber bei meinem iPhone 7 Plus ging es zum Glück noch.
Um die Messungen möglichst unabhängig von anderen Umständen zu machen, habe ich mehrere Messungen mit Geekbench (Version 4) durchgeführt. Das iPhone vorher neu gestartet und mit 100% Akku an ein Ladekabel gehängt. Die „CPU“-Messungen wurden dazu noch im Flugzeugmodus gemacht, um auch Einflüsse durch das Netzwerk zu minimieren. Bei der „Compute“-Messung ist dies leider nicht möglich, da hier auf den Browser zugegriffen wird. Dann habe ich jedes Benchmarking drei bzw. fünf mal wiederholt und den Durchschnitt berechnet.
Ich denke, das ist eine Datenbasis, die man als Privatmensch halbwegs leisten kann, ohne ein Messlabor zu involvieren.
Die Ergebnisse
Folgende Messungen habe ich mit meinem iPhone 7 Plus ermitteln können. Ich habe in der Tabelle noch die Durchschnittswerte ermittelt und dann die Performance-Unterschiede ausgerechnet. So hat man einen Eindruck, wieviel sich wirklich an der Geschwindigkeit getan hat.
vor Spectre Patch | nach Spectre Patch | Unterschied | |
---|---|---|---|
iPhone Modell | iPhone 7 Plus | iPhone 7 Plus | |
iOS Version | iOS 11.2.1 | iOS 11.2.2 | |
1. Messung (Single Core) | 3.397 | 3.398 | +0,03% |
2. Messung (Single Core) | 3.458 | 3.460 | +0,06% |
3. Messung (Single Core) | 3.441 | 3.438 | -0,09% |
Durchschnitt Single Core | 3.432 | 3.432 | 0,0% |
Schwankungen Single Core | 1,8% | 1,82% | |
1. Messung (Multi Core) | 5.761 | 5.629 | -2,29% |
2. Messung (Multi Core) | 5.688 | 5.728 | +0,7% |
3. Messung (Multi Core) | 5.703 | 5.646 | -1,0% |
Durchschnitt Multi Core | 5.717 | 5.668 | -0,86% |
Schwankungen Multi Core | 1,28% | 1,76% | |
1. Messung Metal Score | 12.777 | 12.975 | +1,55% |
2. Messung Metal Score | 12.878 | 12.600 | -2,16% |
3. Messung Metal Score | 13.051 | 12.895 | -1,2% |
4. Messung Metal Score | 12.914 | 12.718 | -1,52% |
5. Messung Metal Score | 13.525 | 12.957 | -4,2% |
Durchschnitt Metal Score | 13.029 | 12.829 | -1,54% |
Schwankungen in den Messergebnissen | 5,85% | 2,98% |
Die Software Geekbench bietet ja auch einen Vergleich mit den üblichen Messwerten. Auch hier sehe ich eher, dass mein iPhone 7 Plus im Vergleich zu anderen Modellen gleicher Bauart eher flott unterwegs ist. Eine Verschlechterung der Werte
Mein Fazit
Wenn man sich die Ergebnisse anschaut, sieht man, dass die Schwankungen von einer Messung zur anderen mit dem gleichen iOS teilweise schon so hoch sind, wie der berechnete Durchschnittsunterschied von iOS 11.2.1 zu iOS 11.2.2. Aus meiner Sicht ist das keine signifikante Änderung. Wie der Kollege auf die 40-50% Unterschied kommt, bleibt mir ein Rätsel.
Ich nehme an, er hat bei den Messungen eventuell einmal mit vollgeladenem Akku und einmal mit angebrochenem Akku gemessen. Dazu hat er ein iPhone 6 verwendet, das unter Umständen einen älteren Akku besitzt. Wenn dieser dann auch nicht mehr voll geladen ist, kann es sein, dass das iPhone selbst die Prozessortaktung runterfährt, um den Akku zu schonen. Das Phänomen ist dem Blogger Melv1n
Ich würde also Entwarnung geben: Das Update hat sicherlich keine Auswirkungen auf die Geschwindigkeit eurer iOS-Geräte. Ich habe einige Testmessungen auch an meinem iPad Pro (9,7 Zoll) durchgeführt und kam da zum gleichen Ergebnis: Es gibt keine signifikanten Veränderungen in der Geschwindigkeit, wenn man Geekbench laufen läßt.
Meine Tipps & Tricks rund um Technik & Apple
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Seit 2012 betreibe ich meinen Blog als Sir Apfelot und helfe meinen Lesern bei technischen Problemen. In meiner Freizeit flitze ich auf elektrischen Einrädern, fotografiere mit meinem iPhone, klettere in den hessischen Bergen oder wandere mit meiner Familie. Meine Artikel behandeln Apple-Produkte, Drohnen-News und Lösungen für aktuelle Bugs.
Hallo Sir Apfellot.
Danke für deinen kleinen Test und die Erklärungen wie das so läuft mit den viralen Nachrichten.
Mir gefällt dein Blog.
Unsere Smartphone haben so viel Leisung das eine Geringfügige Leistungsverminderung keine Rolle spielt. Sowieso nicht wenn man die Leistungsveränderungen des Gerätes mit dem Leben in Zusammenn bringt.
Ein Hinweis: Deine Newsletter -Mail die auf deinen Blog hinweisen haben oft zerstückelte Sätze oder komische Satzstellungen.
Verwendest Du ein automatismus um die Text runterzubrechen. (Vielleicht um effizienter zu werden?)
Herzlich M.
Hallo Moro! Dank dir für die netten Worte! Wegen des Newsletters: Willst du mir mal ein Beispiel senden? Ich konnte im letzten Newsletter nichts komisches entdecktn. Aber du hast recht. Die Nachrichten im Newsletter werden automatisch zusammen gestellt. Ich schreibe immer nur ein bisschen individuellen Text davor und dahinter. Wegen der Leistungsdaten der iPhones hast du auch recht. Ich habe schon seit dem iPhone 6 nicht mehr das Gefühl, dass das Gerät schneller werden muss. Und trotztdem wird es das von Jahr zu Jahr. ;-) LG! Jens